Der Duscher


Der 24. Band der Lyrik-Zeitschrift "Das Gedicht" beschäftigt sich mit dem Begriff Heimat und Zuhause
In einem von Uwe-Michael Gutzschahn zusammengestellten Spezialteil mit Kindergedichten ist neben prominenten Autor_innen wie Christian Futscher, Heinz Janisch, Gerhard Rühm und Jutta Treiber auch Michael Roher mit seinem Gedicht "Der Duscher" vertreten.


Der Duscher


Ein nackter Herr mit Namen Hagen,
steht da bereits seit sieben Tagen
ununterbrochen ohne Pause
in unsrem Bad unter der Brause.
Er duscht und spült, wäscht sich das Haar -
ja, man soll es nicht glauben, der schläft sogar da
und nascht zwischendurch, wenn es ihm schmeckt,
genüsslich von Mamas Badekonfekt,
schlürft Shampoo und Seife statt Sprudel und Saft,
singt Schlager und Schnulzen mit Leidenschaft.
Das Wasser rauscht in einem fort,
so laut, man versteht kaum das eigene Wort.
Aus jetzt!“, hat Papa neulich geschrien,
mit Tritten gedroht, gebettelt auf Knien,
Herr Hagen möge doch bitte gehen!
Doch alles vergeblich, Herr Hagen blieb stehen
in der Dusche und so ist Herr Hagen
seither in unserem Bad sozusagen
unter der Brause

zuhause.